Die Suche nach seinem Platz in der Welt oder auch nur in der Philosophie, beispielsweise, ist eine Forschungsreise. Wird die eigene Heimat schließlich entdeckt, der eigene Ursprung, ist die Reise keineswegs beendet. Sie geht weiter: mit einem anderen Gefährt wird ‚Welt‘ weiter erforscht. (Was freilich mit anderen Möglichkeiten der Perspektivenwahl einhergeht.)
Autor: Volker Homann
Denkzettel 292
Vielleicht sollte nicht philosophiert („gedacht“) werden, um ein Problem zu lösen (da ist „Rechnen“ wohl weitaus besser geeignet), sondern um zu schauen, was ist. Ob es überhaupt ein Problem gibt.
(Anzudenken wäre, ob solche Form schauenden, reflektierenden Denkens mit dem Verb „sinnieren“ nicht adäquater repräsentiert ist. Und, beiläufig, ob, wer dies mit einer gewissen Leidenschaft und dazu ernsthaft betreibt, das Verb zur Welt bringt, sozusagen, durchaus als „Sinneast“ bezeichnet werden könnte.)
Zitat 63
Man muss nüchterne, geduldige Menschen schaffen, die nicht verzweifeln angesichts der schlimmsten Schrecken und sich nicht an jeder Dummheit begeistern. Pessimismus des Verstandes, Optimismus des Willens.
Denkzettel 291
(Akademische Lehre.) Ein Wetzstein ist etwas anderes als eine Gussform. Ein·e Jede·r hat ein eigenes Messer, es muss nichts gegeben werden. Doch einen härteren Stein, um das zu Anbeginn völlig stumpfe Messer immer schärfer zu machen, tauglicher, tüchtiger, in diesem Sinn: tugendhafter, um differenziert und dennoch – oder deshalb – orientiert in die Welt schauen zu können — das ist ein wahres Bildungsangebot. (Und dies ist gewiss nicht nur der Akademie vorbehalten.)
Der Guss ist Ausbildung. Sie geht dem Wetzen voran. Ausbildung endet irgendwann, Bildung nicht. (Freilich nur, wenn das Messer auch gebraucht wird.) Und mag ein Messer nach dem Guss auch noch so stumpf sein — es gewinnt an Schärfe. Doch noch nie ist ein scharfes Messer aus dem Guss entsprungen, egal, wie lange die Ausbildung dauerte.
Denkzettel 290
Das Verhalten eines Anderen erscheint vielleicht nur deshalb irrational, weil der Zugang zu seiner Axiomssphäre fehlt, die bei gleichen Regeln unterschiedliche Folgerungen zeugt: Ohne Empathie kein kleinster gemeinsamer Nenner „Rationalität“?
Denkzettel 289
Rationalität — der kleinste gemeinsame Nenner mannigfaltiger Denkarten und ‑weisen?
(Und dem entsprechend schwach auf der Brust, wenn’s um’s konkrete Leben eines Subjektes geht…)
Ausgeartet zu einem Rationalismus kann sie dann allerdings zum alles bestimmen wollenden Zähler mutieren.
Denkzettel 288
Verallgemeinerungen sind Lügen.
Gerhart Hauptmann
Die ganze Akademie ist ein Machtapparat, wie die Politik und die Kirchen und die Unternehmen auch.
Es geht um „Wissen ist Macht“.
(Das all so allgemein gesprochen und damit eine Lüge — indes nur im Hinblick auf die allgemeine Anwendbarkeit, nicht womöglich hinsichtlich des treibenden Prinzips. Und Prinzipien müssen ja wohl nicht instanziert werden, um zu wirken.)
(Und es mag angemerkt sein: „Wissen schaffen ist mächtiger.“)
Denkzettel 287
Weisheit: (noch) nicht wissen … können.
(Das Können im Sinne des Vermögens ist gemeint, als auch das nicht-Können im Sinne der Unmöglichkeit.)
(Das Können überhaupt. Nicht nur im Sinne des Beherrschens, sondern auch im Sinne des sich Erlaubens.)
Denkzettel 286
Aus der Praxis der Logik fließt etwas zurück in der Theorie der Logik. Vom Verstand geht etwas zurück auf die Vernunft. (Wechselwirkung.)
Die Frage ist: Ist Logik eine ästhetische Kategorie? Hat sie ihren Grund nicht in Verstand oder Vernunft sondern zeigt sich dort lediglich?
(Wir sagen ja auch: „Ist doch logisch!“ und meinen damit, dass etwas für uns nachvollziehbar ist, was sich ja irgendwie anfühlt — ohne eine Regel einer Logik angewendet oder einen Syllogismus gebildet zu haben.)
Zitat 62
Es existieren menschliche Probleme, bei denen es gegen-menschlich, also ein Lebenskunstfehler wäre, sie nicht zu haben, und über-menschlich, also ein Lebenskunstfehler, sie zu lösen.
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