Denkzettel 143

Die­ses „nicht“ ist ei­ne Funk­ti­on des kal­ku­la­to­ri­schen Geis­tes, des Rech­nens, und nicht des Den­kens, des sen­so­ri­schen Geis­tes: wir kön­nen nicht nichts emp­fin­den, wir kön­nen nicht nichts den­ken — doch wir kön­nen nicht be­rech­nen, was wir un­ter die­sen oder je­nen Um­stän­den emp­fin­den oder den­ken. (Zu­min­dest ist das ei­ne Zu­ver­sicht.)

(Der Mensch hat kei­nen Sinn für nicht-Sei­en­des. Er kann nur da­mit rech­nen und es: nicht den­ken, nicht emp­fin­den.)

Denkzettel 138

Phi­lo­so­phie: Auf­klä­ren­der, er­hel­len­der Aus­tausch von/mit Welt­an­schau­un­gen. Und je­de Welt­an­schau­ung ist ge­nau das: ein An­schau­en der Welt (eher: ein Schau­en in die Welt) von ei­ner be­stimm­ten ‚Po­si­ti­on‘ aus, und dies gibt eben: ei­ne Per­spek­ti­ve.

(Freie Geis­ter sind in der Wahl ih­rer Po­si­ti­on sehr frei.)

Denkzettel 136

Der Be­griff der „Welt­an­schau­ung“ ist im Grun­de ja et­was un­glück­lich: Wir schau­en ja die Welt nicht an, als lä­ge sie vor uns wie ein Stück Sei­fe. Wir sind ja als Teil de­rer selbst in die­ser Welt, so ge­se­hen ist es ei­ne Weltinschau­ung — und, bei­läu­fig, je­de die­ser Per­spek­ti­ven – und ei­gent­lich gibt es so vie­le wie es We­sen gibt, die ei­ner sol­chen Sicht fä­hig sind – ih­ren blin­den Fleck hat.

Denkzettel 135

Phy­si­sche Rea­li­tät: Wirk­lich­keit des Re­el­len, Wirk­lich­keit des Sei­en­den (‚Par­meni­di­sche Per­spek­ti­ve‘).
Me­ta-Phy­si­sche Rea­li­tät: Wirk­lich­keit aus Wahr­hei­ten, Wirk­lich­keit des Seins (‚He­ra­kli­ti­sche Per­spek­ti­ve‘).

Wie das „Me­ta“ es an­zeigt: Die Welt des Wer­dens folgt der des Sei­nenden, die Kul­tur der Na­tur.

(Gleich­wohl: die me­ta­phy­si­sche Rea­li­tät wirkt auf die phy­si­sche Welt zu­rück: Wech­sel­wir­kung, In­ter­ak­ti­on. Die Fra­ge ist al­so nicht Par­men­i­des oder He­ra­klit, son­dern die Ant­wort lau­tet: Par­men­i­des mit He­ra­klit.)

Denkzettel 120

Zum ei­nen sind die Na­tur­wis­sen­schaf­ten, die die Welt – mit der Ra­tio­na­li­tät des Ver­stan­des – vermes­sen.
Zum An­de­ren die Kul­tur­for­schun­gen, die die Welt – mit­tels der Re­la­tio­na­li­tät der Ver­nunft – ermes­sen.
(Die Re­de von „Geis­tes­wis­sen­schaf­ten“ soll­te fal­len ge­las­sen wer­den.)

Phi­lo­so­phie soll­te die Grund­la­ge al­len Er­mes­sens bil­den, al­len Den­kens.
Wie Ma­the­ma­tik die al­len Ver­mes­sens, al­len Rech­nens, sein soll­te.
(Die Lo­gik der Ma­the­ma­tik soll­te von der Lo­gik der Phi­lo­so­phie un­ter­schie­den wer­den.)

(Es rät sich wohl, bei­des we­der zu ver­wech­seln noch zu ver­mi­schen und so al­so von­ein­an­der gut ge­schie­den zu hal­ten, um kei­nes zu ver­wäs­sern. Die Dif­fe­renz, die Span­nung, ist wich­tig. Oh­ne sie fin­det kei­ne Wech­sel­wir­kung statt, nichts fließt. Zu­gleich soll­ten sie nicht als Wi­der­sa­cher ver­stan­den wer­den: Ein Strom fließt, kraft Span­nung, die ei­ne Dif­fe­renz zei­tigt, doch im­mer zwi­schen den min­des­tens zwei Aspek­ten ei­ner Dif­fe­renz. Erst ei­ne Dif­fe­renz bringt En­er­gie zum Flie­ßen, macht sie so ver­nehm­bar, mess­bar: „pan­ta rhei“.)

(Und ich glau­be: Zu­nächst hat der Mensch die Welt er­mes­sen, be­vor er sie zu ver­mes­sen be­gann. Erst ka­men die Göt­ter, dann die Re­chen­ma­schi­nen. Vor dem Rech­nen war das Den­ken. Heut­zu­ta­ge, so dünkt mich, wird erst ge­rech­net, dann mit den Er­geb­nis­sen ‚ge­dacht‘ und dies dann Fort­schritt ge­nannt. We­he uns: ‚Gott‘ ist tot. Ge­den­ke des Den­kens!)