Denkzettel 354

„Ich“ ist ei­ne Kon­struk­ti­on, mit­tels der „Lei­den“ über­haupt erst mög­lich wird. Das Be­wusst­sein selbst kann nicht lei­den — wie das Or­gan Ge­hirn kei­nen Schmerz evo­ziert, wird an ihm her­um­ge­schnip­pelt. Um Lei­den in Er­fah­rung zu brin­gen, schafft es sich „Ich“. Ei­ne sol­che The­se kann z.B. im christ­li­chen Mo­tiv des neu­en Tes­ta­men­tes grün­den: So an­ge­schaut und als Me­ta­pher ver­stan­den, ist „Je­sus“ das „Ich“ ei­nes Be­wusst­seins, des­sen ma­te­ri­el­le Trä­ger­schaft mit „Gott“ be­zeich­net wird.

Denkzettel 353

„Ich“ als Trä­ger der vom Be­wusst­sein ge­schöpf­ten Über­zeu­gun­gen etc. den­ken. „Ich“ zu­gleich auch vom Be­wusst­sein kre­iert, zum Be­hu­fe eben die­ser Trä­ger­schaft. Wie Be­wusst­sein ei­nen Le­be­we­sen als Trä­ger hat, trägt „Ich“ die Emp­fin­dun­gen des Le­be­we­sens. Wo kein „Ich“, da kein Leid — mit­hin auch kei­ne Freud’. (Was nicht heißt, ein Kör­per kön­ne kei­ne Schmer­zen oder kei­ne Lust ha­ben.)

Denkzettel 352

Mensch hat kein Be­wusst­sein von ei­nem „Ich“ oder ein „Ich“ mit Be­wusst­sein — das Be­wusst­sein ist das „Ich“.

Mit ei­ner sol­chen An­nah­me ver­schwin­det das Sta­ti­sche, Über­dau­ern­de am „Ich“; es wird zu ei­ner an­dau­ern­den Kon­sti­tu­ti­on (was ei­nen stän­di­gen Wan­del be­deu­tet) des Le­be­we­sens sei­ner selbst für sich. Zu wel­chem Be­huf auch im­mer. (Das „Ich“ von eben mit­hin das Glei­che, doch nicht das Sel­be wie je­nes in Kür­ze.)