Denkzettel 252

(Am Wol­len vor­bei zum Wil­len.) Dass Wol­len soll­te vom Wil­len ge­tra­gen wer­den, und nicht vom (am) Hirn mit sei­ner Gier nach En­er­gie (ab)hängen. Es lebt da­von und da­durch und kann da­von – prin­zi­pi­ell – nicht ge­nug ha­ben, das ist ei­ne Über­le­bens­stra­te­gie. Gleich­wohl ist ein Kind des Hirns, der Geist, als wohl­ver­stan­de­nes Me­ta­ver­sum des Hirns, als Ver­nunft, in der La­ge, den En­er­gie­be­darf zum Wohl des Men­schen zu re­gu­lie­ren. (Zu­cker gilt als ein En­er­gie­lie­fe­rant, und man­che wol­len ei­nen Berg da­von … verkaufen.)

Denkzettel 251

Man tut wo­mög­lich gut dar­an, sich vom Wil­len lei­ten zu las­sen, statt vom Wol­len. Von der be­son­ne­nen Ver­nunft; nicht vom Ver­stand, ge­führt von Gier.
(Ne­ben Ver­nunft, Ver­stand und Ge­müt gibt es wohl noch ei­ne In­stanz, die mensch­li­cher Exis­tenz zu be­ein­flus­sen ver­mag: der Kör­per mit sei­nen Be­gier­den, mit sei­nen Ängsten.)

Zitat 32

Les­sing, der man­cher­lei Be­schrän­kung un­wil­lig fühl­te, läßt ei­ne sei­ner Per­so­nen sa­gen: „Nie­mand muß müs­sen.“ Ein geist­rei­cher froh­ge­sinn­ter Mann sag­te: „Wer will, der muß.“ Ein drit­ter, frei­lich ein Ge­bil­de­ter, füg­te hin­zu: „Wer ein­sieht, der will auch.“

Und so glaub­te man den gan­zen Kreis des Er­ken­nens, Wol­lens und Müs­sens ab­ge­schlos­sen zu ha­ben. Aber im Durch­schnitt be­stimmt die Er­kennt­nis des Men­schen, von wel­cher Art sie auch sei, sein Tun und Las­sen; des­we­gen auch nichts schreck­li­cher ist, als die Un­wis­sen­heit han­deln zu sehen.

Jo­hann Wolf­gang v. Goethe

Denkzettel 166

Ma­gie der Uto­pie: Es gibt kei­nen Be­griff des gu­ten Le­bens, wohl aber ei­nen Wil­len da­zu. Und so schafft der Wil­le das, was be­griff­lich nicht fass­bar ist. Und weil es im­mer erst ge­schaf­fen wird, aus ak­tu­el­len Um- und In­stän­den her­aus, kann es kei­nen be­din­gungs­lo­sen, frei­en, Be­griff, kei­ne un­ab­hän­gi­ge Form des gu­ten Le­bens ge­ben. Gleich­wohl ist es viel­ge­stal­tig realisierbar.