Denkzettel 464

Viel­leicht ist es gar nicht der Geist, der er­kennt­nis­fä­hig ist. Viel­leicht ist das Geis­ti­ge nur das Me­di­um, das Er­kennt­nis dem Be­wusst­sein ver­mit­telt?

Doch was sorgt für Er­kennt­nis? Der Leib, als ein Zwi­schen von In­nen und Au­ßen? Dann wä­re es der Leib, der die Dif­fe­renz – oh­ne die ‚Welt‘ für uns viel­leicht nur ein ne­bu­lö­ser Klum­pen im Hirn wä­re – ver­wirk­licht. Der Geist ern­tet dann ‚nur‘.

Denkzettel 462

„Be­schwer­de“ und „be­schwe­ren“ sind merk­wür­di­ge Wör­ter, so sie denn den Aus­druck von Un­zu­frie­den­heit mei­nen. Als ob man sich er­leich­tern könn­te, wenn et­was an­de­res be­schwert wird. Wo­zu gibt’s „Stil­le Ört­chen“? So ge­se­hen gibt’s be­reits „Ent­schwer­de­stel­len“ und müs­sen nicht neu er­fun­den wer­den.

Denkzettel 456

Phi­lo­so­phie, in ei­ner Kul­tur von Wahr­heit und Wis­sen, er­setzt die Theo­lo­gie mit ih­rem Gott und das aus die­ser Idee Ge­bo­te­ne, in Hin­sicht auf die Min­de­rung von Un­si­cher­heit des frei han­deln kön­nen­den Le­be­we­sens. So er­setzt wird das Phi­lo­so­phi­sche letzt­lich auch ein au­to­ri­tä­rer Akt, der al­ler­dings bes­ser be­gründ­bar ist.

Denkzettel 455

„Wür­de“ als in­halts­lee­rer Be­griff, der die un­be­ding­te Auf­for­de­rung ar­ti­ku­liert und zum Be­grei­fen auf­for­dert, sich ach­tungs- und re­spekt­voll ge­gen­über dem/der/dem Würdetragende/n zu ver­hal­ten? Art. I GG könn­te dann so in sei­ner prak­ti­schen, al­so hand­lungs­ori­en­tier­ten, Form lau­ten: „Al­le an­de­ren Men­schen und Din­gen ist stets mit Ach­tung und Re­spekt zu be­geg­nen.“
Dies ver­mag die Wür­de tat­säch­lich un­an­tast­bar zu ma­chen. Man lässt sie ein­fach gel­ten und hin­ter­fragt sie nicht. Man lässt ihr die Frei­heit, zu sein, sich zu zei­gen.
(Der Ha­ken: Wie wird ach­tungs­voll und re­spekt­voll ge­han­delt? Dies wird sich nicht uni­ver­sa­li­sie­ren las­sen, was ei­nem un­er­wünsch­ten Re­la­ti­vis­mus ein Feld be­rei­ten könn­te. Doch hier ist nun eben die Ver­ant­wor­tung des In­di­vi­du­ums ge­for­dert: Was wir für uns selbst ein­for­dern, ist an­de­ren zu­zu­bil­li­gen. Es ist die an­spruchs­vol­le­re Mo­ral. Be­din­gungs­lo­se Em­pa­thie und be­ding­te So­li­da­ri­tät sind die Grund­bau­stei­ne die­ser Mo­ral. Das ver­schafft ihr Uni­ver­sa­li­tät, oh­ne For­ma­li­tät. Sie bleibt Mo­ral und ist nicht Ethik.)