Denkzettel 104

Mit der KI – und nicht nur da­mit – ver­su­chen wir mensch­li­che Ma­schi­nen­skla­ven zu züch­ten — auf dass end­lich al­le Men­schen Her­ren wer­den (könn(t)en).

Doch: Wes­halb so mensch­lich? Lasst uns doch ein­fach nur Ma­schi­nen bau­en, die für uns bloß nütz­li­che Mit­tel sind. Um am bes­ten sol­che, die wir nicht auch noch be­die­nen müs­sen, um für un­se­re Zwe­cke dien­lich zu sein.

Wir wol­len doch letzt­lich frei sein, Zeit für uns, un­se­re Liebs­ten und un­se­re Lei­den­schaf­ten ha­ben — und al­so kei­ne be­diens­te­ten Ge­bie­ter über herr­schaft­li­che Skla­ven sein.

Au­ßer frei­lich, dies ist ei­ne Lei­den­schaft…

Denkzettel 103

Die­se, un­se­re, Welt be­steht nicht aus ‚dem Men­schen‘, son­dern aus den Men­schen. Nicht aus ei­ner Form, son­dern aus In­hal­ten. Nicht dar­aus, wie es im­mer sein soll, son­dern wie es ist, von Mo­ment zu Mo­ment.

Sie be­steht aus Wirk­lich­keit, nicht aus Wahr­heit — die­se ist ei­ne Idee von uns, mit­tels der wir uns in un­se­rer Wirk­lich­keit ori­en­tie­ren kön­nen. Die uns ei­nen Plan ver­mit­telt.

Die in­tel­li­gi­ble Wirk­lich­keit, un­se­re kul­tür­li­che Welt, ist aus den Wahr­hei­ten der Men­schen über die na­tür­li­che Welt zu­sam­men­ge­setzt.

So al­so: Kon­stru­iert, nur oh­ne Über­plan. Denn ‚den Men­schen‘ gibt es nicht. Es gibt ‚Leit­ideen‘ zu ihm — und ei­ne sol­che kann zu­wei­len wie ein Ge­ne­ral­plan mit fi­xem Ziel, End­sinn, End­zweck in der Welt er­schei­nen. Cui bo­no?

Denkzettel 100

Wird nach dem „Sinn des Le­bens“ ge­fragt, soll­te ge­klärt wer­den:

1) Wird nach der Be­deu­tung oder dem Zweck ge­fragt?
2) Ist das Le­ben über­haupt oder ein ein­zel­nes ge­meint?

Ei­ne Dif­fe­renz von Be­deu­tung und Zweck soll­te sich stets ver­ge­gen­wär­tigt wer­den.
Be­son­ders dann, wenn der Zweck „Be­deu­tung ha­ben“ sein soll.

Denkzettel 96

Der Über­mensch: der, der man sein soll, zu dem man ver­an­lagt, be­gabt, ir­gend­wie auch: ver­ur­teilt ist. Die­sen Über­men­schen in sich zu er­ken­nen, ist ei­ne un­ge­heu­re, nicht nur in­tel­lek­tu­el­le An­stren­gung. Ein Akt in­ten­sivs­ten Den­kens, mit al­len Sin­nen, um nicht ei­ner ge­fäl­li­gen Il­lu­si­on auf­zu­sit­zen. Al­so in al­ler­schärfs­ter Red­lich­keit, Mo­ral, nach ihm zu trach­ten, Mut zu ihm zu ha­ben; nach bes­tem Wis­sen und Ge­wis­sen, nicht nach Er­war­tun­gen An­de­rer. Und al­so kei­nem Ide­al hin­ter­her­zu­lau­fen wie ein Schaf in der Her­de dem Schä­fer, be­wacht von des­sen Hund, son­dern die ‚Wahr­heit‘ über sich, das ‚wah­re‘ Ich, sich selbst in Er­fah­rung brin­gen: Sei­ne Wirk­lich­keit be­grei­fen.

Viel­leicht ist die­ser Über­mensch, die ei­ge­ne ‚Klas­se‘, der ei­ge­ne ‚Typ‘, nicht er­reich­bar, un­er­reich­bar — wie die Weis­heit.
Kein Grund je­doch, je­ne klas­se Ty­pe (w/d/m), je­nen Über-Mensch in sich nicht zu ach­ten.
Kein An­lass, kein Freund sei­ner selbst sein zu wol­len. Und da­mit: An­de­rer.