Volker Homann

Der Mensch in den Gehalten.

Fo­to: Pri­vat

Die hier öf­fent­lich ge­mach­te In­tel­lek­tua­li­tät grün­det in Er­fah­rung, Er­le­ben, ei­ner Em­pi­rie, wel­che durch die In­sti­tu­ti­on mei­ner Exis­tenz sich mir ver­mit­telt, nicht auf kle­ri­ka­lem Glau­ben, ei­ner Pis­te­me, so­zu­sa­gen, oder aka­de­mi­schem Wis­sen, ei­ner Epis­te­me — was nun nicht heißt, die­sen For­men des Geis­ti­gen ih­re Exis­tenz­be­rech­ti­gung ma­dig ma­chen zu wol­len; doch eben auch nicht, sie auf ei­nen So­ckel zu stel­len. Die­se hier sich zei­gen­de In­tel­lek­tua­li­tät ist frei­geis­tig wie frei­sin­nig, ana-lo­gisch und west-öst­lich, mit die­sen Spie­geln re­flek­tiert sie Wirk­lich­keit als mei­ne Welt, stets ge­tra­gen vom An­spruch ei­nes „crea­teur d’esprit“.

Die hier ge­leb­te phi­lo­so­phi­sche Prak­tik ist deut­lich und klar von aka­de­mi­scher Phi­lo­so­phie als Be­ruf zu dif­fe­ren­zie­ren. Als in nicht-in­sti­tu­tio­na­li­sier­ter phi­lo­so­phi­scher Pra­xis Tä­ti­ger kann mir je­de La­ge zum Denk­an­stoß wer­den, die aka­de­mi­schen Be­rufs­phi­lo­so­phen sind ih­rem Fach, ih­rer Dis­zi­plin und dessen/deren Me­tho­den ver­pflich­tet. Die hier ge­üb­te Prak­tik ist we­sent­lich frei­er und übt das Den­ken in Es­says und Apho­ris­men, me­tho­disch im Grun­de un­ab­hän­gig (doch letzt­lich In­tro­spek­ti­on und Äs­the­ti­tät nut­zend), vor­nehm­lich dem Fluss des Den­kens ver­pflich­tet und die­sen spie­geln wol­lend. Ich nen­ne es: sin­nie­ren. (Und so ent­steht ein Wort wie „Sin­ne­ast“, in An­leh­nung an „Ci­ne­ast“.)

Das Phi­lo­so­phi­sche wird al­so hier in dem Sin­ne po­li­tisch, als es Öf­fent­lich­keit sucht, und hat da­her mehr ein kultur/gesellschaftliches Ver­ständ­nis denn ein na­tur- oder geis­tes­wis­sen­schaft­li­ches. Die phi­lo­so­phi­sche Li­te­ra­tur ist der hier ge­üb­ten Pra­xis des Phi­lo­so­phi­schen, der Ar­beit an der Phi­lo­so­phie, ein Rah­men, mit dem sie sich re­la­tio­niert, an dem sie sich re­la­ti­viert. Im Ide­al­fall kon­den­siert sie in li­te­ra­ri­scher Phi­lo­so­phie, sich da­bei hier vor­nehm­lich mit Kurz­essays („sin­nie­ren­de Pros­ami­nia­tu­ren“) und Apho­ris­men be­schei­dend — zu­wei­len ge­wiss auch be­schnei­dend.

Die sich hier prä­sen­tie­ren­de In­tel­lek­tua­li­tät ist al­so ei­ne un­aka­de­misch phi­lo­so­phi­sche, ei­ne „Phi­lo­so­phie oh­ne Aka­de­mie“. Es gibt an­de­re In­tel­lek­tua­li­tä­ten, wie z. B. ei­ne wis­sen­schaft­li­che, tech­ni­sche, künst­le­ri­sche, eso­te­ri­sche, ‚quer­den­ken­de‘ u. dgl. m. — sie ver­schrei­ben sich andere(n) Rah­men, an die sie sich re­li­gie­ren(!) und so ihr Den­ken tö­nen, fär­ben las­sen. Und so geht es die­ser mei­nen In­tel­lek­tua­li­tät nun eben nicht um Wahr­heit – die­se wird hier als ein Kul­tur­in­stru­ment auf­ge­fasst –, gleich­gül­tig, auf wel­cher theo­re­ti­schen Grund­la­ge sie fußt.

Es geht um Wirk­lich­kei­ten, die (wir) uns (er)schaffen. Um das, was wir tun — und las­sen.

Der Sa­che nach: Um Event(-)ualitäten. Um das, was ge­schieht.

Um das, was uns Ge­halt gibt. Und den Sinn, den wir dem ge­ben.