Umsicht ist noch besser als Vorsicht Foto: Tom Radetzki | Unsplash

Schauen trauen

Ein Versuch, die Verschwörungstheorie-Bewirtschaftung zu verstehen. Über Angst und ihre Gesichter. Über Mut.

Auch ich spü­re ein deut­li­ches Un­be­ha­gen und möch­te nichts über To­des­ra­ten und Re­pro­duk­ti­ons­zah­len wis­sen, son­dern Zah­len, mit de­nen ich das Ri­si­ko selbst ein­schät­zen kann. Ich möch­te re­la­ti­ve Zah­len. Ir­gend­ein Maß­stab, der an­ge­legt wird. Ich möch­te nicht, das Co­ro­na zum Maß­stab ge­macht wird. Ab­so­lu­tis­mus hat noch nie zu et­was Gu­tem ge­führt. Au­ßer zur Auf­klä­rung, na­tür­lich.

Letzt­lich ist es die Angst, die sich da un­be­hag­lich mel­det, mit der ich um­zu­ge­hen ha­be, mit der ich ein Ver­hält­nis ein­ge­hen soll­te. Doch ich be­mer­ke, wie ich im­mer wie­der ins Ge­fühl des Miss­trau­ens fal­le. Ha­ben die Ver­nünf­ti­gen die Un­ver­nünf­ti­gen wirk­lich im Griff? Wie vie­le sind das ei­gent­lich, die zu­sam­men­fas­send mal als Alu­hut-Frak­ti­on be­zeich­net sein mö­gen und wo­zu Reichsbürger:innen, rech­te wie lin­ke Extremist:innen, Antisemit:innen und was da noch so kreucht und fleucht an harm­lo­sen und sehr viel we­ni­ger harm­lo­sen ‚Freiheitskämpfer:innen‘, zu zäh­len sind? Im heu­te-jour­nal vom letz­ten Frei­tag, glau­be ich, se­he ich ei­nen mi­nu­ten­lan­gen Be­richt, In­ter­views mit frag­wür­di­gen An­ti-Co­ro­na-Maß­nah­men-De­mons­trie­ren­den etc. und auch dem An­schein nach nicht frag­wür­di­gen, doch trügt da gar der Schein? Und ich fra­ge mich: Sind die doch der­art sys­tem­re­le­vant, dass de­nen in ei­nem TV-Leit­me­di­um ei­ne der­ar­ti­ge Prä­senz zu­ge­stan­den wird? Sind das am En­de viel mehr als die von mir ver­mu­te­ten 20% Depp:innen, ge­gen die ich all­er­gisch bin, doch mit de­nen man nun mal zu le­ben hat wie mit den für man­che mehr als läs­ti­gen Pol­len? Oder, schlim­me­re Alb­phan­ta­sie: wer­den das im­mer mehr, weil aus die­ser Ecke Klar­heit sug­ge­riert wird? Weil die der­zeit Ver­ant­wort­li­chen nicht das Rück­grat ha­ben klar zu stel­len, dass die Si­tua­ti­on voll­kom­men un­über­sicht­lich ist, man aber aus dem Ti­ta­nic-De­sas­ter et­was ge­lernt hat und nun des­halb mit 1132 Kraft sich vor­tas­tet durch die­ses Eis­berg­feld, in das die­ses Land, ja: die Welt, hin­ein­ge­ra­ten ist? Wo wird in be­nann­ten Leit­me­di­en über die von mir ver­mu­te­ten 80% Ver­nünf­ti­ger be­rich­tet, die sehr wohl ein Ge­fühl und Ge­spür für die La­ge ha­ben und eben ein­fach nur Auf­rich­tig­keit, Trans­pa­renz und Of­fen­heit ein­for­dern, oh­ne Po­lit- und/oder Me­di­en-Spiel­chen, um ori­en­tiert sein zu kön­nen, und der An­sicht sind, dass das ei­ne Bring­schuld ist und nicht in spe­zi­el­len Me­di­en erst er­forscht wer­den muss? Um ihr und das Ri­si­ko für an­de­re rea­lis­tisch ein­schät­zen zu kön­nen? Um die Ad­äquat­heit der Maß­nah­men ein­schät­zen zu kön­nen? Al­so so, wie ich das am Be­ginn des Schla­mas­sels be­ob­ach­ten konn­te und dann eben von Ver­trau­en schrei­ben konn­te? Gibt es die­se Ver­nünf­ti­gen viel­leicht gar nicht? Bin ich der ein­zi­ge mei­ner Art? Hat sich die Welt ge­gen mich ver­schwo­ren? Viel­leicht doch bes­ser Alu­hut? …

Jetzt schrei­be ich über Miss­trau­en. Das kann mir nicht ge­fal­len, über­haupt nicht, doch es muss doch wohl ge­sagt sein dür­fen, das Miss­trau­en wie Furcht ein Aus­druck von Angst ist. Die Alu­hut-Frak­ti­on al­so Angst­bür­ger sind und das ein ge­sell­schaft­li­ches Feld ist, das eben ger­ne von skru­pel­lo­sen Machtfanatiker:innen be­wirt­schaf­tet wird, die da­mit auch nur ih­rer Angst ein Ge­sicht ge­ben, wie ich all­zu gern ver­mu­ten mag. Angstbürger:innen, die sich ei­ne Ach­tung ver­schaf­fen wol­len, auch und viel­leicht ge­ra­de sich selbst ge­gen­über, weil sie es in die­sem Sys­tem aus wel­chen Grün­den auch im­mer nicht ge­schafft ha­ben, ei­ne sol­che aus klei­nen und gro­ßen Er­fol­gen, Leis­tun­gen, ins­be­son­de­re wirt­schaft­li­chen, zu er­lan­gen? Kann das sein? Für er­folg­rei­che „Sys­tem­kon­for­me“ ist das nicht nach­voll­zieh­bar. Und jetzt, mit Co­ro­na, we­gen der Maß­nah­men, steigt wohl die An­zahl de­rer, die im Sys­tem nicht mehr er­folg­reich sein kön­nen, an. Das könn­te ei­ner der Mo­to­ren sein, die ei­nen Sog er­zeu­gen: Die Be­fürch­tung, den Selbst­wert, der in Leis­tung grün­det, zu ver­lie­ren. Da wächst sie dann, die Block­wart-Men­ta­li­tät: Je­der be­kommt ei­nen Job! Im neu­en Staat gibt es un­end­lich vie­le höchst­wich­ti­ge Po­si­tio­nen zu be­set­zen, dün­ken mich die Funktionär:innen wie Funk­tio­nie­ren­den der Fa­schis­mus-In­dus­trie an.

Kaum ein/e Politiker/in wird mir zu­stim­men kön­nen, wenn ich sa­ge: lasst uns doch über Angst re­den statt über Alu­hü­te. Lasst uns doch ler­nen, mit Angst bes­ser um­ge­hen zu kön­nen. Co­ro­na ist da ein hef­ti­ges Lern­la­bor, si­cher, doch viel­leicht macht das schlicht nur dar­auf auf­merk­sam, was in der Ver­gan­gen­heit seit Hel­mut Kohl ver­ab­säumt wur­de. Sta­bi­le po­li­ti­sche Ver­hält­nis­se mit jahr­zehn­te­lang glei­chem Ge­sicht an der obers­ten Spit­ze der Exe­ku­ti­ve mag Si­cher­heit ver­mit­teln — doch das lullt die Angst nur ein; wir ha­ben wo­mög­lich ver­lernt, mit ihr um­zu­ge­hen. Wir ha­ben uns in Si­cher­heit ge­wo­gen und da­mit letzt­lich ein Stück Frei­heit ver­lo­ren.

Angst ist nicht un­ser Feind, den wir be­sie­gen müss­ten. Sie kann un­se­re bes­te Freun­din sein. Im Grun­de ist sie ja so et­was wie ein Kri­mi­nal­dau­er­dienst, stän­dig auf­merk­sam, wo Un­bill lau­ern mag. Die, die uns prä­ven­tiv agie­ren lässt. Wenn wir wol­len, in je­der Si­tua­ti­on. Und wel­cher Si­tua­ti­on kann nicht auch et­was Ge­fähr­li­ches ab­ge­won­nen wer­den? Es ist ja letzt­lich ei­ne Fra­ge des Blick­win­kels. Au­ßer im Pa­ra­dies, na­tür­lich.

Aber wie das nun mal mit bes­ten Freun­den so läuft: Über die re­den wir viel zu we­nig, sie ha­ben so et­was Selbst­ver­ständ­li­ches. Da­für echauf­fie­ren wir uns um­so mehr über je­ne, die wir nicht als Freun­de ha­ben wol­len. Und das macht sie grö­ßer, als sie sind. Bis sie zu Fein­den ge­wor­den sind. Und als sol­che im­mer grö­ßer wer­den.

Mu­tig ist, wer über die Ge­sich­ter der Angst re­den kann, sich nicht scheut, ihr Ant­litz zu schau­en. Sei’s das des Furcht-Mons­ters oder das des Miss­trau­ens-Albs oder in wel­chen sons­ti­gen gru­se­li­gen Ge­stal­ten sie da­her­kom­men mag. Und ist in ei­ner Kri­se nicht Mut der bes­se­re Rat­ge­ber? Ist es nicht die Angst, die uns vor Über­mut schützt und un­ser Sor­gen um und für an­de­re vor Leicht­sin­nig­keit, ‚Un­ter­mut‘?

Doch Mut hat sei­ne in­di­vi­du­el­len Gren­zen. Des­halb ist es frei­lich an­ge­zeigt, mit den Ge­sich­tern der Angst nur mit je ge­sun­der Do­sis zu han­tie­ren. Und wenn uns Angst vor Über­mut und Sor­ge um Un­ter­mut schützt, dann ist es viel­leicht die rech­te Mi­schung von Angst und Sor­ge, die den Mut wach­sen lässt, oh­ne dass er wu­chert.

Die Angst ist die Wur­zel al­ler Po­li­tik, soll Aris­to­te­les in sei­ner Rhe­to­rik an­ge­merkt ha­ben1⇣Jens Soent­gen: Kli­ma: Was heißt nun po­li­ti­sches Han­deln?, in: DIE ZEIT № 21, 14. Mai 2020, S. 47.. Oh­ne in die­ses Werk nun bli­cken zu kön­nen (Schan­de im Bü­cher­schrank, ge­wiss; und auch das In­ter­net bie­tet nichts brauch­ba­res) will mir das doch mei­nen wol­len, dass es die Angst ist, die die Men­schen sich hat zi­vi­li­sie­ren las­sen, zur Sor­ge ge­führt hat. Der Wunsch nach Kul­tur es ist, die den Mut zum Staat brach­te. Denn oh­ne Kul­tur geht gar nichts. Gleich­wohl könn­te der Satz auch aus­ge­legt wer­den als Mah­nung an die Po­li­tik: Angst nut­zen, um nicht über­mü­tig zu wer­den, Sor­ge – es könn­te ein Ge­sicht der Lust sein, be­rei­tet uns das Sor­gen für an­de­re doch im all­ge­mei­nen Freu­de –, um nicht leicht­sin­nig zu wer­den. Auch Politiker:innen dür­fen Angst ha­ben. Ja, sie soll­ten das so­gar. Und sie soll­ten auch dar­über re­den kön­nen um so zu zei­gen, dass sie nicht stär­ker als ih­re Angst, aber ver­trau­ter mit den Ge­sich­tern der Angst sind als es ei­nem Nor­mal­bür­ger (w/d/m) ab­zu­ver­lan­gen nö­tig wä­re. Und dass sie des­halb ge­wählt wur­den. Und nicht, um mäch­tig zu sein. Die Macht liegt im Volk.

Sol­ches ver­nahm ich am An­fang der auch „Co­ro­na-Kri­se“ ge­nann­ten Zä­sur. Vie­le Vertreter:innen der Po­li­tik wirk­ten auf mich merk­wür­dig mensch­lich nah. Wirk­lich ver­trau­ens­er­we­ckend, als für mich zu spü­ren war, dass auch ih­nen, den Voll­pro­fis (w/d/m), of­fen­bar die Muf­fe ging. Doch sie zeig­ten eben Mut, d. i. Lust mit dem Ge­sicht der Be­son­nen­heit. Ei­ni­ge bes­ser als an­de­re, doch das tut dem Gan­zen kei­nen Ab­bruch. Ich spür­te die Macht, das Ver­mö­gen sich von Ängs­ten, al­so den Ge­sich­tern der Angst, nicht ins Bocks­horn ja­gen zu las­sen. Und jetzt, die gröbs­ten Wel­len ha­ben sich ge­glät­tet, be­ginnt auch in der Po­li­tik wie­der der All­tag Ein­kehr zu hal­ten. Mit ei­ner an­de­ren, neu­en Nor­ma­li­tät, wie es ja jetzt laut­stark heißt. Doch an der Men­ta­li­tät scheint sich, fürch­te ich, nicht oder noch nicht wirk­lich et­was ge­än­dert zu ha­ben. Bald sind wie­der Wah­len, 16 Mo­na­te nur noch, Macht­an­sprü­che müs­sen gel­tend ge­macht wer­den. An­sprü­che an das Be­stim­men sol­len, was in die­sem Staat wie zu pas­sie­ren hat. Das Re­gie­rungs­man­dat will er­kämpft sein. Wahl­kampf ist Krieg.

Und da kommt es dann, das Miss­trau­en, das, was mich ir­ra­tio­nal um­treibt, weil die Angst kein an­de­res Ge­sicht fin­det. Die Be­fürch­tung der Ohn­mäch­tig­keit der ge­wähl­ten Volksvertreter:innen vor den Ver­lo­ckun­gen der Macht. Vor ei­ner Po­li­tik al­so, die al­le Angst und Sor­ge, die al­le Ge­sich­ter der Angst und Sor­ge ver­ges­sen ma­chen will. Die Be­fürch­tung ei­nes Pa­tri­ar­chats oder ih­rer müt­ter­li­chen Form, dem Ma­tri­ar­chat, das al­le Sor­ge und Ängs­te ver­ges­sen ma­chen will. „Wir küm­mern uns d’rum! Ver­spro­chen! Ver­trau­en Sie mir!“ Be­schrän­kung der Au­to­no­mie, auf Dau­er ge­stell­te He­te­ro­no­mie. Die Fremd­be­stim­mung soll mehr wie­gen als die Selbst­be­stim­mung. Hier­ar­chie ist mäch­ti­ger als He­te­r­ar­chie. Denn Hier­ar­chie ist auch nur ei­ne Form von Mo­no­the­is­mus.

Das nicht nur der­zeit mons­trö­ses­te Ge­sicht mei­ner Angst ist häu­fig, dass die­ses Land un­ge­wollt und un­be­merkt in ei­nen Au­to­ri­ta­ris­mus rutscht und sich vie­len Ge­sell­schaf­ten an­gleicht. Und AfD und an­de­re Füh­rungs­ham­mel der Alu­hut-Frak­ti­on als Steig­bü­gel­hal­ter agie­ren. Al­les oh­ne Ab­sicht, es pas­siert ein­fach so, das ist das Un­heim­li­che an die­sem pho­bi­schen Ge­dan­ken­bild. Per­sön­lich­kei­ten wie ein Mar­kus Söder sind in un­kla­ren La­gen ge­wiss ech­tes Gold wert. Doch sie müs­sen auch zu­rück­tre­ten kön­nen vom Kri­sen­ma­nage­ment-Mo­dus, da­mit kei­ne stän­di­ge Lust auf die star­ke vä­ter­li­che oder stil­le müt­ter­li­che Hand, die al­les
zu re­geln ge­willt ist, hin­ter­las­sen wird. Und es sind eben die Bür­ger, die selbst ins Kri­sen­ma­nage­ment ein­tre­ten sol­len. Die Ver­ant­wor­tung über­neh­men für die Ge­sich­ter ih­rer Angst. Das kann und darf, viel­leicht so­gar: soll ih­nen zu­ge­mu­tet und zu­ge­traut wer­den. So gut ih­nen das nur mög­lich ist. Hier ist es wahr­lich der gu­te Wil­le, der zählt. Die ih­re Frei­heit wahr­neh­men, ver­nünf­tig und mit oh­ne Alu­hut. Und wenn selbst der Bun­des­prä­si­dent sich ge­mü­ßigt, um nicht zu sa­gen: ge­nö­tigt sieht, et­was zu Alu­hü­ten zu sa­gen2⇣https://www.tagesschau.de/inland/steinmeier-corona-107.html |18.5.2020 – 11:00 — wo le­ben wir? Wie wol­len wir le­ben?

Des­we­gen ist mir nicht die Ver­wen­dung ei­ner Mund- und Na­sen­be­de­ckung in be­stimm­ten Si­tua­tio­nen ein Me­ne­te­kel, son­dern die Pflicht, die da aus­ge­ru­fen wur­de. Denn oh­ne dass ich das will, fällt mir da­bei so­fort Han­nah Are­ndts „Ba­na­li­tät des Bö­sen“ ein, hier frei­lich schlicht des­halb, weil die Mas­ken­tra­ge­rei letzt­lich ei­ne Ba­na­li­tät ist. Ir­ra­tio­nal, ja. Doch so ist es nun mal, wenn die Angst ein Ge­sicht sucht, um sich aus­drü­cken zu kön­nen, fass­bar zu wer­den, be­greif­bar. Denn zu ei­ner Angst oh­ne Ge­sicht ist kein ra­tio­na­les Ver­hält­nis mög­lich. Da­mit aus dem gan­zen Vi­ren­ge­döns kei­ne selbst­ver­schul­de­te Un­mün­dig­keit wird, da­zu braucht un­se­re Angst Ge­sich­ter.

Al­les über­trie­be­ne Pa­nik­ma­che, völ­li­ge Fehl­ein­schät­zung der Si­tua­ti­on, angst­ge­trie­be­ne, miss­trau­ens­ge­ne­rier­te Pa­ra­noia? Mag sein, man ist ja auch nur Mensch. Doch es gibt ja Vi­ren in der Welt, und de­ren na­tür­li­che Ver­meh­rungs­dy­na­mik kann ja zu­min­dest für ei­ne Ana­lo­gie her­hal­ten. Die Pan­de­mie hat auch nur mit ei­nem ein­zi­gen in­fi­zier­ten Men­schen (w/d/m) be­gon­nen, der von sei­ner In­fek­ti­on viel­leicht so­gar gar nichts wuss­te, sym­ptom­frei war, gar. Na­tur lässt sich nicht über­lis­ten. Vi­ren sind im­mer. Über­all. Auch in den Köp­fen.

Tem­pe­ra­ment­vol­ler Ge­dan­ken­reich­tum ei­nes über­be­sorg­ten Bür­gers mit leb­haf­tem Ge­müt? Mag sein, Mensch­sein ist ei­ne Man­nig­fal­tig­keit. Viel­leicht je­doch auch ein Plä­doy­er für die bür­ger­li­che Mün­dig­keit. Denn die Bür­ger­schaft bürgt letzt­lich für die­sen Staat — ei­ne Fol­ge des Art. 20, Abs. 2 GG3⇣https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_20.html|18.5.2020 – 12:00. (Das ist die Stel­le mit der Macht und dem Volk. Und nicht nur die ‚Wi­der­ständ­ler‘ sei­en an Abs. 4 er­in­nert: Wi­der­stand nur, wenn an­de­re Ab­hil­fe nicht mög­lich ist. Auf­klä­rung ist ei­ne Ab­hil­fe.)

Und zu­min­dest ich möch­te als Zei­chen die­ser Bürg­schaft we­der Alu­hut noch Frem­den­hass, in wel­cher Form auch im­mer, iden­ti­fi­zie­ren müs­sen. Selbst­ach­tung, die möch­te ich als Zei­chen der Bürg­schaft wahr­neh­men kön­nen. Und der­zeit zeigt sich die in Ab­stand, Ab­stand, Ab­stand. Und Mund-Na­sen-Be­de­ckung, wo es ge­bo­ten ist, in vol­len Lä­den, vol­len U‑Bahnen, Bus­sen, Bah­nen. Auf stark be­leb­ten of­fe­nen Plät­zen, wo es Mü­he macht, den Ab­stand zu wah­ren. Beim Um­gang mit be­son­ders ge­fähr­de­ten Per­so­nen, nach Er­mes­sen un­se­rer ak­tu­ell ge­si­cher­ten, als wahr be­gründ­ba­ren Mei­nung, un­se­rem Wis­sen.

Ganz oh­ne Pflicht. Aus dem rei­nen Wil­len zur Ver­nunft. Aus der pu­ren Lust auf Frei­heit mit der Ge­schmacks­rich­tung Ver­ant­wor­tung. Mit dem Mut zum nicht-wis­sen-Kön­nen. Denn wir sind nicht voll­kom­men und kein Mensch kann das gro­ße, al­les um­fas­sen­de, al­les re­geln­de, das 100% si­che­re Me­ga­kon­zept, das al­les er­klärt und al­les vor­her­sag­bar macht, al­so den ab­so­lut über­mäch­ti­gen Plan, die Welt­for­mel, ha­ben. Keine/r. Nie­mand. Al­lein schon gar nicht und auch nicht als Bund, ge­heim oder nicht. Des­halb kann auch Keine/r was da­von wis­sen. Weil es ei­nen sol­chen oder Tei­le ei­nes sol­chen Lay­outs schlicht nicht gibt. Nicht ge­ben kann, weil das hier kei­ne Ma­trix ist. Mit ei­nem sol­chen De­sign oder ei­ner Teil­stra­te­gie ei­nes sol­chen An­sin­nens kann al­so leis­tungs­un­ab­hän­gi­ge Selbst­ach­tung und Mut zum nicht-wis­sen-Kön­nen nicht er­setzt wer­den.

Sor­ry; is’ blöd, is’ aber nun mal so. Gruß, auch an Nietz­sche, Gott.

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Re­fe­ren­ces
1 Jens Soent­gen: Kli­ma: Was heißt nun po­li­ti­sches Han­deln?, in: DIE ZEIT № 21, 14. Mai 2020, S. 47.
2 https://www.tagesschau.de/inland/steinmeier-corona-107.html |18.5.2020 – 11:00
3 https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_20.html|18.5.2020 – 12:00
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