Denkzettel 455

„Wür­de“ als in­halts­lee­rer Be­griff, der die un­be­ding­te Auf­for­de­rung ar­ti­ku­liert und zum Be­grei­fen auf­for­dert, sich ach­tungs- und re­spekt­voll ge­gen­über dem/der/dem Würdetragende/n zu ver­hal­ten? Art. I GG könn­te dann so in sei­ner prak­ti­schen, al­so hand­lungs­ori­en­tier­ten, Form lau­ten: „Al­le an­de­ren Men­schen und Din­gen ist stets mit Ach­tung und Re­spekt zu be­geg­nen.“
Dies ver­mag die Wür­de tat­säch­lich un­an­tast­bar zu ma­chen. Man lässt sie ein­fach gel­ten und hin­ter­fragt sie nicht. Man lässt ihr die Frei­heit, zu sein, sich zu zei­gen.
(Der Ha­ken: Wie wird ach­tungs­voll und re­spekt­voll ge­han­delt? Dies wird sich nicht uni­ver­sa­li­sie­ren las­sen, was ei­nem un­er­wünsch­ten Re­la­ti­vis­mus ein Feld be­rei­ten könn­te. Doch hier ist nun eben die Ver­ant­wor­tung des In­di­vi­du­ums ge­for­dert: Was wir für uns selbst ein­for­dern, ist an­de­ren zu­zu­bil­li­gen. Es ist die an­spruchs­vol­le­re Mo­ral. Be­din­gungs­lo­se Em­pa­thie und be­ding­te So­li­da­ri­tät sind die Grund­bau­stei­ne die­ser Mo­ral. Das ver­schafft ihr Uni­ver­sa­li­tät, oh­ne For­ma­li­tät. Sie bleibt Mo­ral und ist nicht Ethik.)

Denkzettel 451

Die Fra­ge ist doch: Wie ge­hen Leu­te mit dem um, was ih­nen nicht passt — und nicht, wie gut ein Ar­gu­ment ist. Setzt man mal das Ver­ste­hen von Ar­gu­men­ten als „Bil­dung“: Was kann dann ge­tan wer­den, um Men­schen ei­nen ver­träg­li­che­ren Um­gang mit Din­gen, die ih­nen nicht pas­sen, ans Herz zu le­gen?