Ein Fukushima wie ein Putin lehren: Unsere Umwelt ist nicht bis ins Letzte berechenbar (wie unsere Inwelt auch?). Und von der Quantität des unberechenbaren Restes haben wir wohl alle unterschiedliche Qualitäten.
Schlagwort: Welt
Denkzettel 258
Konfuzius war es wohl, der anmerkte, der Mensch versteht die Dinge eigentlich erst dann, wenn er sie tut. Das könnte ergänzt werden mit dem Gedanken, je länger das Verstandene praktiziert wird, desto mehr wird es vernommen und dabei auf das Wesentliche reduziert: Weltverstand wandelt sich zum vernünftigen Sein in und zur Welt, zur Weltgestaltung.
(Zumindest wenn der Wille dazu wach ist.)
Denkzettel 237
Formeln umgreifen die Welt, begreifen sie damit indes nicht. Dafür gibt es Inhalte.
(Sog. „Künstliche Intelligenz“ mag die Welt umgreifen können, begreifen allerdings nicht.)
Denkzettel 234
Der Mensch, der sich selbst er-tragen kann, wie Atlas, ohne zu verzagen, frohen Mutes und im Glauben an’s Gewicht der Welt, welches da er-tragen wird, Ertrag zeitigt — dieser ist ein freier Mensch.
Denkzettel 209
Was ist eigentlich der Fall, wenn Welt ist?
Alles neu macht der … November
Eine kleine Etymogelei. Über das Unbestimmte.
„novem“, lat. Zahlwort „neun“ und auch 1. Person Singular Präsens Konjunktiv Aktiv zu Infinitiv „novare“: „ich erneuere“.
Weshalb dann der November als ‚Trauermonat‘? Des Nebels wegen? Dieser Nebel, Sinnbild der Zukunft als solcher: Ungewiss, ungeschrieben, unklar, unbestimmt. Unentborgen.
Das Neue hat eine Eigenschaft, die vielleicht in unserer wachstumsorientierten Gesellschaft nicht wahrgenommen werden will, weil es Wachstum relativiert, ja sogar fast zu einer Nulllinie macht: Wo Neues entsteht (also ins Laufen kommt, „ent-“ wie in „entsteint“, das Ende des Stehens, dessen, was ist, bezeichnend), geht alt Gewordenes, ‚verwest‘1⇣„ver-“: drückt in Bildungen mit Verben aus, dass eine Sache durch etw. (ein Tun) beseitigt, verbraucht wird, nicht mehr besteht.„wesen“ … Weiterlesen…. Wo Neues entsteht, schwindet der Nebel: er wird gewandelt; aus Potentialitäten wird eine Realität. Blicken wir zurück, ist dort kein Nebel. Der liegt immer vor uns.
Es ist wahr, was die Philosophie sagt, dass das Leben rückwärts verstanden werden muss. Aber darüber vergisst man den andern Satz: dass vorwärts gelebt werden muss.
Søren Kierkegaard
Diese Welt ist ein Umschlagplatz. Und das, was wir so gern als Wachstum mit einer Kurve an die Tafel zeichnen, wird deshalb konstant bleiben, in Summa. Weil es kein Wachsen anzeigt, sondern den Umschlag, den Wechsel. Mal schneller, mal langsamer; mal mehr, mal weniger.
Und nichts in dieser Welt ist so dauerhaft wie der Wandel: eine wohl ewige Konstante, dieser, an sich, als solcher; eine Qualität, die in unterschiedlichen Quantitäten für uns in Erscheinung tritt. Und Trauer, dies sei angemerkt, kann auch gelesen werden als Aufforderung, sich [etwas] zu[ ][zu]trauen. Sich zu: Verwandeln.
Doch ohne Nebel als „Masse“ ist nichts mehr da, was gewandelt werden könnte. Eine Welt ohne unbestimmte Potentiale kann keine Realität hervorbringen.
Keinen orientierenden Horizont. In einer Welt ohne Unbestimmtheit kann nicht gelebt werden. Und damit auch nicht: verstanden werden.
⇡1 | „ver-“: drückt in Bildungen mit Verben aus, dass eine Sache durch etw. (ein Tun) beseitigt, verbraucht wird, nicht mehr besteht. „wesen“ Verb: (als lebende Kraft) vorhanden sein. Quelle: dwds.de |
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Denkzettel 197
Möglicherweise leben wir (je) in der besten der uns (je) möglichen Welten.
Die andauernde Skepsis daran, ob es wirklich die beste ist, eröffnet dabei stets den Blick auf die anderen uns (je) möglichen Welten.
So haben wir (je) immer die Möglichkeit, die gerade beste unserer (je) möglichen Welten zu wählen.
(Manchmal auch von jetzt auf nachher — und wieder zurück, oft unbemerkt. Eine beste Welt hat eine sehr kurze Halbwertszeit.)
Zitat 30
Dies bleibt die Grundform mißlingender menschlicher Erlebnisse, das Dilemma: Ist die Welt nicht so, wie sie sein soll, oder stehe ich schief zu ihr?
Zitat 28
Bei Deiner Geburt hast Du weinend geschrien und Deine Mutter war glücklich.
Sorge dafür, dass bei Deinem Tod die Welt weint und Du glücklich bist.
Denkzettel 187
Solange der Lebensunterhalt (und das will meinen: ein gutes Leben) bestritten (was wohl zu meinen hat: erstritten) werden muss, muss man sich nicht wundern über diese Welt, wie sie ist.