Denkzettel 236

Der Mensch ver­packt die Welt in For­meln, um sie sich zu er­klä­ren — und ver­gisst zu­wei­len, dass In­hal­te Wir­kun­gen zei­ti­gen, die Welt ver­än­dern, nicht For­meln. Und die­se In­hal­te wol­len ver­stan­den sein! Um’s For­ma­le küm­mert sich die Wis­sen­schaft, um’s In­halt­li­che soll­te es der Weis­heit sein. (Fak­tisch ist’s dann wohl doch das Po­li­ti­sche.)

Das bes­se­re Ar­gu­ment ist al­so nicht je­nes, wel­ches am bes­ten zu ei­ner For­mel passt, nach ei­ner For­mel ge­schmie­det ist — es ist je­nes mit dem an­spre­chends­ten In­halt. Und der ist dann heu­te eben je­nes, mor­gen die­ses.

Wer In­hal­te sieht und wür­digt, ver­ge­gen­wär­tigt, lebt in der Ge­gen­wart. Wer die For­meln hei­ligt, ist zeit­los. Wer kei­ne Zeit hat, ist oh­ne Wir­kung.

Und wer die Welt er­klä­ren zu kön­nen meint, voll­stän­dig gar, muss sie des­halb noch lan­ge nicht ver­stan­den ha­ben.
(Und wer meint, sie ver­stan­den zu ha­ben, zur Gän­ze gar, noch lan­ge nicht er­klä­ren kön­nen.)

Denkzettel 226

Mich in­ter­es­sie­ren Mei­nun­gen mehr als Ar­gu­men­te. Ar­gu­men­te kön­nen nach Be­darf ge­baut wer­den, die Mei­nung sagt et­was über den Men­schen. Und der in­ter­es­siert mich. Als sol­cher. Weil ich Mensch bin.
(Ich könn­te auch sa­gen: Die Mei­nung gibt dem Ar­gu­ment ei­nen Wert. Oder auch: Ein Ge­wicht.)
Und wes­halb? Und wo­zu?
Ich möch­te zu­al­ler­erst Äs­thet sein und zu­al­ler­letzt Ra­tio­na­list.
(Wis­sen ist ein Werk­zeug, der Um­gang da­mit kann ra­tio­nal ge­lehrt wer­den; Weis­heit ei­ne Ein­stel­lung. Der Um­gang da­mit will äs­the­tisch ge­übt sein.)

Denkzettel 223

Ei­ni­ge von de­nen, die da mei­nen am Phi­lo­so­phie­ren zu sein, zu: Den­ken, funk­tio­nie­ren nur in­ner­halb von Re­geln; Sie rech­nen.
(Es kommt eben dar­auf an, was un­ter σοφία (so­phía), Weis­heit, ver­stan­den wer­den will, de­ren φίλος (phí­los), Freund, zu sein sich an­ge­schickt wird: ge­si­cher­tes Wis­sen oder die Kom­pe­tenz, auch oh­ne die­ses ver­nünf­tig sein zu kön­nen?)

Denkzettel 219

Die Ein­sicht, we­ni­ger die Er­kennt­nis, soll­te un­ser Han­deln be­wir­ken. Der Um­gang mit der Kli­ma- und Pan­de­mie­si­tua­ti­on, auch wenn sie kri­tisch sind, kann sich auch mit re­la­ti­ver Weis­heit in ein Ver­hal­ten da­zu ge­stellt wer­den, mit­hin: in ein Han­deln da­mit, al­so die Ver­hand­lung der Si­tua­ti­on. Und nicht nur auf dem Bo­den letzt­lich vor­läu­fi­gen Wis­sens mehr oder we­ni­ger ab­so­lu­te Im­pe­ra­ti­ve ge­baut wer­den, die in­des frei­lich die Dring­lich­keit des Han­delns mar­kie­ren.