Denkzettel 269

Ist es nicht ein we­nig er­staun­lich, dass „Phi­lo­so­phie“ Lie­be (phí­lo) zur Weis­heit (so­phía) meint, An­thro­po­so­phie in­des nicht Mensch (an­thro­pos) zur Weis­heit und Gas­tro­so­phie nicht Ge­schmack zur Weis­heit? Son­dern die­se eben ei­ne Weis­heit (ei­gent­lich ja: Wis­sen) über den Men­schen bzw. über das Ku­li­na­ri­sche zum Aus­druck brin­gen möchten.

Denn Phi­lo­so­phie als „Weis­heit über die Lie­be“ (ei­gent­lich ja: Wis­sen von Freund­schaft) wä­re ja auch nicht schlecht.

(Al­ler­dings be­steht die Ge­fahr, dass ei­ni­ge We­ni­ge die­se Weis­heit de­fi­nie­ren wollen.) 

Denkzettel 223

Ei­ni­ge von de­nen, die da mei­nen am Phi­lo­so­phie­ren zu sein, zu: Den­ken, funk­tio­nie­ren nur in­ner­halb von Re­geln; Sie rechnen.
(Es kommt eben dar­auf an, was un­ter σοφία (so­phía), Weis­heit, ver­stan­den wer­den will, de­ren φίλος (phí­los), Freund, zu sein sich an­ge­schickt wird: ge­si­cher­tes Wis­sen oder die Kom­pe­tenz, auch oh­ne die­ses ver­nünf­tig sein zu können.)

Denkzettel 144

Ist für Re­né Des­car­tes, mit­hin: die Wis­sen­schaft, Gott ein rech­nen­der, für die Chris­ten ein lie­ben­der, ist es für An­de­re ein „im Be­griff sein“.

Und Phi­lo­so­phie ist dann nichts Ma­the­ma­ti­sches oder Re­li­giö­ses; dann ist es et­was Existenzielles.

(Und als sol­ches dann et­was, das we­der das Ma­the­ma­ti­sche noch das Re­li­giö­se ausschließt.)

Denkzettel 138

Phi­lo­so­phie: Auf­klä­ren­der, er­hel­len­der Aus­tausch von/mit Welt­an­schau­un­gen. Und je­de Welt­an­schau­ung ist ge­nau das: ein An­schau­en der Welt (eher: ein Schau­en in die Welt) von ei­ner be­stimm­ten ‚Po­si­ti­on‘ aus, und dies gibt eben: ei­ne Perspektive.

(Freie Geis­ter sind in der Wahl ih­rer Po­si­ti­on sehr frei.)

Denkzettel 120

Zum ei­nen sind die Na­tur­wis­sen­schaf­ten, die die Welt – mit der Ra­tio­na­li­tät des Ver­stan­des – vermes­sen.
Zum An­de­ren die Kul­tur­for­schun­gen, die die Welt – mit­tels der Re­la­tio­na­li­tät der Ver­nunft – ermes­sen.
(Die Re­de von „Geis­tes­wis­sen­schaf­ten“ soll­te fal­len ge­las­sen werden.)

Phi­lo­so­phie soll­te die Grund­la­ge al­len Er­mes­sens bil­den, al­len Denkens.
Wie Ma­the­ma­tik die al­len Ver­mes­sens, al­len Rech­nens, sein sollte.
(Die Lo­gik der Ma­the­ma­tik soll­te von der Lo­gik der Phi­lo­so­phie un­ter­schie­den werden.)

(Es rät sich wohl, bei­des we­der zu ver­wech­seln noch zu ver­mi­schen und so al­so von­ein­an­der gut ge­schie­den zu hal­ten, um kei­nes zu ver­wäs­sern. Die Dif­fe­renz, die Span­nung, ist wich­tig. Oh­ne sie fin­det kei­ne Wech­sel­wir­kung statt, nichts fließt. Zu­gleich soll­ten sie nicht als Wi­der­sa­cher ver­stan­den wer­den: Ein Strom fließt, kraft Span­nung, die ei­ne Dif­fe­renz zei­tigt, doch im­mer zwi­schen den min­des­tens zwei Aspek­ten ei­ner Dif­fe­renz. Erst ei­ne Dif­fe­renz bringt En­er­gie zum Flie­ßen, macht sie so ver­nehm­bar, mess­bar: „pan­ta rhei“.)

(Und ich glau­be: Zu­nächst hat der Mensch die Welt er­mes­sen, be­vor er sie zu ver­mes­sen be­gann. Erst ka­men die Göt­ter, dann die Re­chen­ma­schi­nen. Vor dem Rech­nen war das Den­ken. Heut­zu­ta­ge, so dünkt mich, wird erst ge­rech­net, dann mit den Er­geb­nis­sen ‚ge­dacht‘ und dies dann Fort­schritt ge­nannt. We­he uns: ‚Gott‘ ist tot. Ge­den­ke des Denkens!)