Mit dem Tod zeigt sich eine Wirklichkeit der Endlichkeit, die weder wahr noch falsch sein kann.
Schlagwort: Wahrheit
Denkzettel 445
Wahrheit ist ein Mittel, ein Instrument, beim Schaffen von Wirklichkeiten.
(Wie die Unwahrheit auch.)
Denkzettel 443
Vielleicht liegt ja im Vermögen zu dem, was wir mit „Wahrheit“ benennen und meinen, die, oder auch nur eine, anthropologische Differenz. Andere Tiere brauchen keine Wahrheit; ihnen reicht Wirklichkeit, um ihr Leben gut zu leben.
Denkzettel 432
Alle zur Wahrheit fähigen, also wie wir Menschen denkenden Lebewesen einmal weggedacht (völlig unabhängig davon, was denn nun „Wahrheit“ und „Denken“ sei), klammert sie ein, sozusagen — was ist dann wahr und was falsch?
Wieso heißt es also Wahrnehmung und nicht Wahrgebung?
Denkzettel 418
Philosophie als eine Perspektivierung einer Wirklichkeit, eines Phänomens (‚Spekulation‘, ‚Meinung‘), nicht als Ergründung einer Wahrheit („[Ver]Schaffen von Wissen“).
Denkzettel 379
Es geht nicht darum, ob z.B. der Universalismus wahr ist oder falsch. Es geht darum, welche vorstellbaren Wirklichkeit(en) Ideen über die Welt erzeugen und ob sie wünschenswert sind — worüber sich die Menschen nun eben nicht einig sind und Argumente tauschen wie auf einem Börsenplatz. Entsprechend hoch oder niedrig ist der Kurs eines Weltverständnisses.
(Und wie mehrere Aktien an einem Börsenplatz (und es gibt nicht nur einen) gehandelt werden, gibt es auch mehrere Weltverständnisse an mehreren Orten mit je unterschiedlichen aktuellen Kursen.)
Denkzettel 365
Das Prinzip der Wahrheit des (allgemeinen) Begriffs zeichnet wohl weite Teile der akademische Philosophie aus.
Das Konkretum der Wirklichkeit des (allgemeinen) Handelns zeichnet wohl weite Teile der praktizierenden Philosophie aus.
Denkzettel 363
Was das Skelett der Wahrheit zusammenhält und beweglich macht, ist die Wirklichkeit des Fleisches. Reine Logik, bloße Wahrheit, kommt einem Knochenhaufen gleich wie wahrheitslose Wirklichkeit einem nassen Sack in der Ecke ähnelt. Erst das Beisammensein beider lässt eine bewegliche Gestalt erscheinen.
Denkzettel 345
Es gibt eine Wahrheit der Wahrheiten und eine Wirklichkeit der Wirklichkeiten. ‚Die‘ Wahrheit und ‚die‘ Wirklichkeit sind indes Konstrukte und im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs nur dann gültig, wenn das n der Wahrheiten, Wirklichkeiten, gleich je eins ist.
Denkzettel 332
Die Frage nach der eigenen Wahrheit wirft dann schon die Frage auf, ob wir, um sozial sein zu können, Urteile fällen müssen. Eine völlige Urteilsenthaltung führt doch wohl zu einem Subjekt, welches sämtlicher Relationen enthoben ist — wie jener, der aus der platonischen Höhle getreten ist, oder jene, die völlige Erleuchtung erlangt hat.
Doch: Verschwindet nicht in beiden Fällen eben dieses Subjekt? Doch wenn kein Subjekt mehr da ist — wer oder was sieht die Welt der Ideen, wer oder was ist erleuchtet?
(Die Lösung dieses Rätsels liegt vielleicht darin, dass eben nicht das Subjekt verschwindet, sondern das Ego — also das, was uns zu sozialen Wesen macht.)