Denkzettel 432

Al­le zur Wahr­heit fä­hi­gen, al­so wie wir Men­schen den­ken­den Le­be­we­sen ein­mal weg­ge­dacht (völ­lig un­ab­hän­gig da­von, was denn nun „Wahr­heit“ und „Den­ken“ sei), klam­mert sie ein, so­zu­sa­gen — was ist dann wahr und was falsch?

Wie­so heißt es al­so Wahr­neh­mung und nicht Wahr­ge­bung?

Denkzettel 379

Es geht nicht dar­um, ob z.B. der Uni­ver­sa­lis­mus wahr ist oder falsch. Es geht dar­um, wel­che vor­stell­ba­ren Wirklichkeit(en) Ideen über die Welt er­zeu­gen und ob sie wün­schens­wert sind — wor­über sich die Men­schen nun eben nicht ei­nig sind und Ar­gu­men­te tau­schen wie auf ei­nem Bör­sen­platz. Ent­spre­chend hoch oder nied­rig ist der Kurs ei­nes Welt­ver­ständ­nis­ses.

(Und wie meh­re­re Ak­ti­en an ei­nem Bör­sen­platz (und es gibt nicht nur ei­nen) ge­han­delt wer­den, gibt es auch meh­re­re Welt­ver­ständ­nis­se an meh­re­ren Or­ten mit je un­ter­schied­li­chen ak­tu­el­len Kur­sen.)

Denkzettel 363

Was das Ske­lett der Wahr­heit zu­sam­men­hält und be­weg­lich macht, ist die Wirk­lich­keit des Flei­sches. Rei­ne Lo­gik, blo­ße Wahr­heit, kommt ei­nem Kno­chen­hau­fen gleich wie wahr­heits­lo­se Wirk­lich­keit ei­nem nas­sen Sack in der Ecke äh­nelt. Erst das Bei­sam­men­sein bei­der lässt ei­ne be­weg­li­che Ge­stalt er­schei­nen.

Denkzettel 345

Es gibt ei­ne Wahr­heit der Wahr­hei­ten und ei­ne Wirk­lich­keit der Wirk­lich­kei­ten. ‚Die‘ Wahr­heit und ‚die‘ Wirk­lich­keit sind in­des Kon­struk­te und im Sin­ne des all­ge­mei­nen Sprach­ge­brauchs nur dann gül­tig, wenn das n der Wahr­hei­ten, Wirk­lich­kei­ten, gleich je eins ist.

Denkzettel 332

Die Fra­ge nach der ei­ge­nen Wahr­heit wirft dann schon die Fra­ge auf, ob wir, um so­zi­al sein zu kön­nen, Ur­tei­le fäl­len müs­sen. Ei­ne völ­li­ge Ur­teils­ent­hal­tung führt doch wohl zu ei­nem Sub­jekt, wel­ches sämt­li­cher Re­la­tio­nen ent­ho­ben ist — wie je­ner, der aus der pla­to­ni­schen Höh­le ge­tre­ten ist, oder je­ne, die völ­li­ge Er­leuch­tung er­langt hat.

Doch: Ver­schwin­det nicht in bei­den Fäl­len eben die­ses Sub­jekt? Doch wenn kein Sub­jekt mehr da ist — wer oder was sieht die Welt der Ideen, wer oder was ist er­leuch­tet?

(Die Lö­sung die­ses Rät­sels liegt viel­leicht dar­in, dass eben nicht das Sub­jekt ver­schwin­det, son­dern das Ego — al­so das, was uns zu so­zia­len We­sen macht.)