Denkzettel 432

Al­le zur Wahr­heit fä­hi­gen, al­so wie wir Men­schen den­ken­den Le­be­we­sen ein­mal weg­ge­dacht (völ­lig un­ab­hän­gig da­von, was denn nun „Wahr­heit“ und „Den­ken“ sei), klam­mert sie ein, so­zu­sa­gen — was ist dann wahr und was falsch?

Wie­so heißt es al­so Wahr­neh­mung und nicht Wahr­ge­bung?

Denkzettel 399

Es geht dar­um, sich zu er­le­ben. Es sind de­rer und de­ren be­stimmt ei­ni­ge, die von sich sa­gen, sie funk­tio­nie­ren. Und ge­nau in die­sem Um­stand der Selbst­ent­frem­dung liegt die ei­gent­li­che Ge­fahr jed­we­der tech­ni­schen Er­run­gen­schaft: Nicht, dass die­se uns be­herr­schen könn­ten. Dass wir so wer­den wie sie, die Ef­fi­zi­en­te­ren, Schnel­le­ren, Feh­ler­freie­ren, und uns so selbst zu Ma­schi­nen ma­chen, die Ma­schi­nen be­die­nen wie Kellner_n in ei­nem Re­stau­rant Gäs­te be­die­nen, auf dass es ih­nen bei ih­rem Auf­ent­halt im Gour­met-Tem­pel mög­lichst gut er­ge­he. (Und sie gu­tes Trink­geld ge­ben mö­gen!)

Denkzettel 376

Wir kön­nen zu ei­ner sog. KI nicht sa­gen: Du bist weiß! Du bist alt! Du bist männ­lich! Du bist weib­lich! Du bist ho­mo­se­xu­ell! Du bist he­te­ro­se­xu­ell! Du bist links! Du bist rechts! Du bist li­be­ral! All dies und noch viel mehr kön­nen wir ei­ner sog. KI nicht zu­schrei­ben, denn ei­ne sol­che ist Men­schen­werk, doch nicht mensch­lich. Schrei­ben wir ihr viel­leicht ge­nau des­we­gen ei­ne Kom­pe­tenz zu, die un­se­re ei­ge­ne über­steigt?

(Und ver­su­chen frei­lich ge­nau das so­gleich wie­der ein­zu­fan­gen, z. B. durch ei­nen Ethik­rat. Aus Furcht, die sog. KI kön­ne uns über den Kopf wach­sen?)

Denkzettel 355

Be­wusst­sein ist und „be­wusst sein“ heißt da sein, prä­sent sein, ge­gen­wär­tig sein. Ein Martin Heidegger macht aus die­sem Ver­bum ein Sub­stan­tiv und be­zeich­net den Men­schen so: Da­sein. Doch die­se Sub­stan­ti­vie­rung täuscht leicht dar­über hin­weg, dass Be­wusst­sein nichts Sta­ti­sches ist, son­dern sich in stän­di­ger Ver­än­de­rung be­fin­det. Was heißt al­so: Ein Mensch ist sich sei­ner be­wusst?

Denkzettel 352

Mensch hat kein Be­wusst­sein von ei­nem „Ich“ oder ein „Ich“ mit Be­wusst­sein — das Be­wusst­sein ist das „Ich“.

Mit ei­ner sol­chen An­nah­me ver­schwin­det das Sta­ti­sche, Über­dau­ern­de am „Ich“; es wird zu ei­ner an­dau­ern­den Kon­sti­tu­ti­on (was ei­nen stän­di­gen Wan­del be­deu­tet) des Le­be­we­sens sei­ner selbst für sich. Zu wel­chem Be­huf auch im­mer. (Das „Ich“ von eben mit­hin das Glei­che, doch nicht das Sel­be wie je­nes in Kür­ze.)