Denkzettel 75

Mit sich ver­traut sein heißt, auch oh­ne Licht in den Kel­ler ge­hen zu kön­nen und voll­auf ori­en­tiert zu sein.
(Das heißt auch: ge­wahr sein, wo die Lei­chen lie­gen und so nicht über sie zu stol­pern.)
Für den Um­gang mit­ein­an­der kann das be­deu­ten: Aus dem Soll der Selbst­ver­tei­di­gung kann ein Ist der Selbst­si­cher­heit er­wach­sen; aus dem sich ver­ste­cken Müs­sen ein sich zei­gen Kön­nen, aus dem Re­agie­ren ein Agie­ren.

Denkzettel 72

Ist Zeit wie Wind?
Wie wir den Wind selbst nicht se­hen kön­nen, son­dern nur sei­ne Wir­kun­gen, ver­neh­men wir Zeit nur über die Ver­än­de­rung an den Din­gen, die wir be­ob­ach­ten.
(Und sei es auch nur als un­se­re mü­ßi­gen Ge­dan­ken, die sich Zeit neh­men, um uns zu ver­än­dern.)
Ist Geist wie Wind?

Denkzettel 71

Die Fra­ge ist doch, ob die Fra­ge nach dem Sinn des ei­ge­nen Le­bens über­haupt be­ant­wor­tet wer­den kann, be­vor man ge­lebt hat.
Gleich­wohl kann ich mei­nem Le­ben ei­nen Sinn ge­ben.
Oder aber (zu)schauen, wel­cher sich, für mich, er­gibt.
Das Er­geb­nis kann das Sel­be sein. Dann hat­te man viel Glück.
Un­glück­lich ist wohl, wer dem sich Er­ge­ben­den sei­nen Sinn nicht las­sen kann.

Denkzettel 68

Da wird in letz­ter Zeit viel von „neu­er Nor­ma­li­tät“ ge­re­det und man­chen mag der dräu­en­de Ver­lust ei­ner „al­ten Nor­ma­li­tät“ wie ei­ne Be­schnei­dung der Un­end­lich­keit der Mög­lich­kei­ten vor­kom­men.

Ei­ne „neue Nor­ma­li­tät“ än­dert über­haupt nichts an der Un­end­lich­keit der Mög­lich­kei­ten, eben weil sie un­end­lich sind. Sie füh­len sich nur an­ders an, das ist al­les.

Und „an­de­re Nor­ma­li­tät“ ist all­täg­li­che Nor­ma­li­tät. Denn ein Sonn­tag ist an­ders nor­mal als ein Mitt­woch.

Und der/die An­de­re ist an­ders nor­mal als ich.