Denkzettel 94

Ju­ris­tisch (Art. 1 GG BRD) Mo­ra­lisch
»(1) Die Wür­de des Men­schen ist un­an­tast­bar. Sie zu ach­ten und zu schüt­zen ist Ver­pflich­tung al­ler staat­li­chen Ge­walt.« „Die Wür­de des Men­schen ist an­tast­bar. Sie zu ach­ten und zu schüt­zen ist Ver­pflich­tung al­ler staat­li­chen Ge­walt.“
Wes­halb soll­te et­was ge­schützt wer­den müs­sen, das un­an­tast­bar ist? Ist es durch die Un­an­tast­bar­keit selbst nicht schon ge­schützt? Denn un­ver­letz­bar ist sie kei­nes­wegs.

Nie.
»(2) Das Deut­sche Volk be­kennt sich dar­um zu un­ver­letz­li­chen und un­ver­äu­ßer­li­chen Men­schen­rech­ten als Grund­la­ge je­der mensch­li­chen Ge­mein­schaft, des Frie­dens und der Ge­rech­tig­keit in der Welt.« „Die Bür­ger als Bür­gen des Staa­tes be­ken­nen sich da­mit zur Ver­letz­lich­keit und Ver­äu­ßer­bar­keit von Men­schen­rech­ten als Grund­la­ge je­der mensch­li­chen Ge­mein­schaft, des Frie­dens und der Ge­rech­tig­keit in der Welt.“
»(3) Die nach­fol­gen­den Grund­rech­te bin­den Ge­setz­ge­bung, voll­zie­hen­de Ge­walt und Recht­spre­chung als un­mit­tel­bar gel­ten­des Recht.«

Denkzettel 92

Wenn Un­ge­rech­tig­keit fest­ge­stellt wird, wird ir­gend­et­was ir­gend­ei­nem Maß nicht ge­recht.
Z.B. das ei­ge­ne Le­ben oder je­nes An­de­rer den ei­ge­nen oder frem­den Er­war­tun­gen nicht.
Und Er­war­tun­gen wer­den mit Re­geln be­grün­det; „in der Re­gel“, „re­gel­mä­ßig“, „re­gel­kon­form“, wie man so sagt.
(Oder auch: „So soll es sein!“ — Auch nichts an­de­res als ei­ne Re­gel.)
(So ge­se­hen sind Ent­täu­schun­gen zu den Un­ge­rech­tig­kei­ten die­ser Welt zu zäh­len.)

Es kann auch ge­sagt wer­den: Ir­gend­et­was rich­tet sich nicht nach ei­ner Re­gel oder den Re­geln aus. Dann ist es nicht rich­tig (aus­ge­rich­tet).

(Und Re­gel­mä­ßig­keit, Re­gel­rich­tig­keit, Re­gel­kon­for­mi­tät kön­nen wir am Him­mel be­ob­ach­ten; Tag für Tag, Nacht für Nacht.)

Doch was sagt das über die Ge­rech­tig­keit von Re­geln? Wenn ei­ne Re­gel selbst als ge­recht an­er­kannt ist — wo ist das Maß da­für? Wem oder was wird ei­ne sol­che Re­gel ge­recht? Und wel­cher Re­gel ge­horcht dann die­ses Maß?

(Je­des Re­gel­werk hat ei­nen un­ge­re­gel­ten An­fang.)

Denkzettel 90

Die Welt er­fas­sen und nicht be­grei­fen;
Ein­sich­ten ha­ben statt sich Er­kennt­nis­se ver­schaf­fen;
sich mit der Welt ver­nünf­tig be­fas­sen und sie nicht mit dem Ver­stand er­grei­fen wie ei­nen flüch­ti­gen Ver­bre­cher, ding­fest ma­chend;
Le­bens­welt ver­ste­hen statt na­tur­los Kul­tur zu er­klä­ren;
Weis­heit üben statt Wis­sen an­häu­fen, wo­für die Wis­sen schaf­fen­den Dis­zi­pli­nen zu­stän­dig sind:
In­die-Phi­lo­so­phie.

Denkzettel 88

[Ein au­then­ti­scher Ge­dan­ke wur­de ge­äu­ßert.]

„Das ist nun nichts Neu­es, das sag­te schon xyz in abc, Sei­te n! (Das soll­ten Sie aber wis­sen!)“

Dar­um geht es doch beim »sape­re au­de!« gar nicht! Es geht viel­mehr dar­um, fest­zu­stel­len (oder auch: fest­stel­len zu las­sen), ei­nem Kant, Nietz­sche, Witt­gen­stein,… nach ge­dacht zu ha­ben (ver­stän­dig viel­leicht, doch un­wis­sent­lich) — statt ei­nem Sol­chem (un­ver­stän­dig viel­leicht, doch wis­sent­lich) nach­ge­plap­pert zu ha­ben.

(Das macht noch Nie­man­den zum Phi­lo­so­phen (w/d/m), in­des doch ei­nen den­ken­den Men­schen aus. Was will man mehr?)

Denkzettel 85

Es gab und gibt Denker/innen (Nietz­sche und Witt­gen­stein sei­en ein­mal da­zu ge­zählt), die die Din­ge auf den Punkt brin­gen wol­len, den Na­gel auf den Kopf tref­fen wol­len, treff­lichst noch da­zu.
Statt in den Müh­len des Dis­kur­ses so fei­nes Mehl zu mah­len, dass da­mit kein Brot mehr ge­ba­cken wer­den kann.
Doch, frei­lich, das Spiel des Stau­bes im Son­nen­licht ist schon schön anzuschau’n und mag den Ei­nen oder die An­de­re auf die ei­ne oder an­de­re Idee brin­gen.
(Und, ja: Mehl­staub ist ei­ne hoch­ex­plo­si­ve An­ge­le­gen­heit.)
(Und, ja: Es gibt auch über­aus schlech­te Bäcker/innen.)