Zitat 73

Nichts ist lang­wei­li­ger als mit Men­schen zu dis­ku­tie­ren, die im­mer schon al­le Ant­wor­ten auf al­le Fra­gen ha­ben und aus je­dem Aus­tausch un­ver­än­dert her­vor­ge­hen. Es geht doch dar­um, ge­mein­sam ins DENKEN zu kom­men und am En­de mit Ein­sich­ten heim­zu­ge­hen, die man vor­her NICHT hat­te.

Joerg Schel­ler

Denkzettel 292

Viel­leicht soll­te nicht phi­lo­so­phiert („ge­dacht“) wer­den, um ein Pro­blem zu lö­sen (da ist „Rech­nen“ wohl weit­aus bes­ser ge­eig­net), son­dern um zu schau­en, was ist. Ob es über­haupt ein Pro­blem gibt.
(An­zu­den­ken wä­re, ob sol­che Form schau­en­den, re­flek­tie­ren­den Den­kens mit dem Verb „sin­nie­ren“ nicht ad­äqua­ter re­prä­sen­tiert ist. Und, bei­läu­fig, ob, wer dies mit ei­ner ge­wis­sen Lei­den­schaft und da­zu ernst­haft be­treibt, das Verb zur Welt bringt, so­zu­sa­gen, durch­aus als „Sin­ne­ast“ be­zeich­net wer­den könn­te.)

Denkzettel 262

„Das ist schön.“ — die­ser Aus­sa­ge­satz ist ja nicht der Er­folg ei­nes ra­tio­na­len Kal­küls („…, dar­aus folgt:…“), son­dern er­gibt sich aus ei­ner mit Wor­ten ge­fass­ten Emp­fin­dung. Und wenn es nun mög­lich ist, dass ei­ne Emp­fin­dung so ge­äu­ßert wer­den kann, liegt es doch na­he, an­neh­men zu kön­nen, dass die Emp­fin­dung ei­ner ana­lo­gen Gram­ma­tik von Ob­jekt-Prä­di­kat folgt — mit­hin die Emp­fin­dun­gen lo­gisch sind.

(Grund­la­ge der Spra­che, Quell’ ih­rer Gram­ma­tik, und da­mit Ur­sprung der Lo­gik wä­re dann un­se­re Emp­fin­dungs­fä­hig­keit, das äs­the­ti­sche Sen­so­ri­um, nicht un­se­re Denk­fä­hig­keit, der ko­gni­ti­ve Ap­pa­rat.)

Denkzettel 204

Ei­gent­lich braucht es min­des­tens zwei Wor­te, um von ei­ner Sa­che re­den zu kön­nen. Wenn z. B. vom Den­ken ge­re­det wer­den will, ist gut dar­an ge­tan, auch vom Rech­nen zu re­den. Mit Hil­fe der Dif­fe­renz kann sich zei­gen, was mit Den­ken ge­meint sein will — und was zum Aus­druck ge­bracht wer­den möch­te, wird das Verb „rech­nen“ be­nutzt. Will mei­nen: Es be­darf min­des­tens zwei­er Per­spek­ti­ven, um ei­nen Be­griff bil­den zu kön­nen.

(Das Wört­chen „nicht“ fun­giert da durch­aus als Hein­zel­männ­chen. Und Jaspers sagt ja auch, wohl Nietzsche fol­gend: Die Wahr­heit be­ginnt zu zwei­en.)