Denkzettel 175

Die Sub­jek­ti­vi­tät tran­szen­die­ren, dar­um geht’s, die­se Gren­ze will über­schrit­ten sein: Ob­jek­ti­vi­tät er­lan­gen, et­was über die Welt oh­ne den Men­schen sa­gen kön­nen. Doch wo wä­ren all die Ob­jek­te, mit­hin die Ob­jek­ti­vi­tät, oh­ne Sub­jekt? Würde/n sie über­haupt exis­tie­ren? Ja, ja, ge­ben wür­de es sie wohl, in­des: eben nur als sinn­lo­se Ma­te­rie.

Denkzettel 172

Wahr­heit ist ein Pro­dukt des mensch­li­chen Ver­stan­des und hat mit Ma­te­ria­li­tät nichts zu tun. Oh­ne den Men­schen gibt es nichts Wah­res, nichts Fal­sches, nichts Rich­ti­ges. Wohl in­des gibt es – zu­min­dest ist die­se An­sicht aus gu­ten Grün­den glaub­wür­dig – auch oh­ne Men­schen ei­ne Wirk­lich­keit des Ma­te­ri­el­len. Was al­ler­dings für den Men­schen auch nur ei­ne un­be­weis­ba­re Idee ist, al­so ei­ne me­ta­phy­si­sche An­nah­me. Und was wür­de es ei­ner Welt oh­ne Men­schen aus­ma­chen, wenn die­se un­wahr wä­re? Nichts — denn ei­ne Welt oh­ne Men­schen ist für den Men­schen sinn­los: so kann für den Men­schen ei­ne Welt nur aus rei­ner Ma­te­ria­li­tät nicht exis­tie­ren. Die Welt der Men­schen ver­schwin­det mit dem Tod des letz­ten Men­schen, wie mit dem Tod ei­nes Men­schen des­sen Welt er­lischt. Was dann noch ist, ob dann noch et­was ist, kön­nen wir ein­fach nicht wis­sen. Wir kön­nen es nur glau­ben. Denn wir kön­nen es we­der fal­si­fi­zie­ren noch ve­ri­fi­zie­ren. Wo­zu auch?

Denkzettel 163

Die Fra­ge nach dem Sinn des Gan­zen ist ei­gent­lich ei­ne völ­lig über­flüs­si­ge: Als Gan­zes hat die­ses kei­nen Sinn, kei­nen Zweck, kei­nen Nut­zen für et­was als nur für sich selbst. (Wor­an sich die Fra­ge nach ei­nem Sinn von Sinn an­schlie­ßen lässt.) Denn es kann au­ßer­halb des Gan­zen nichts ge­ben, für das es von Nut­zen sein könn­te, ei­nen Zweck er­fül­len könn­te, Sinn ge­ben oder ma­chen könn­te — oder all das eben auch nicht; sonst ist es nicht das Gan­ze, son­dern ein Teil von et­was Grö­ße­rem, Um­fas­sen­de­rem.
(So ist das ei­ne Gan­ze eben im­mer wahr; oder falsch — doch dar­in dann wie­der wahr, al­so rich­tig falsch. Ei­ne Tau­to­lo­gie, oh­ne jeg­li­chen lo­gi­schen Ge­halt — wird es lo­gisch an­ge­se­hen.)

Denkzettel 152

„Na­tur­recht“ ist ge­nau der sel­be for­mu­la­to­ri­sche Un­fug wie „Na­tur­ge­setz“. Recht und Ge­setz ist Zi­vi­li­sa­ti­on, der Fir­nis (viel­leicht auch: die Fi­nes­se) un­se­rer Kul­tur. Die sich in und aus un­se­rer Na­tur, un­se­rem We­sen, un­se­rer Art und Wei­se, un­se­rem Seh­nen nach Re­gel­mä­ßig­keit, nach: Rhyth­mus, evo­lu­tio­niert hat. Das in dem, was wir mit „Na­tur“ be­zeich­nen und in das wir ge­setzt sind, grün­det.

Das auf und aus ei­ner Ur­sa­che ei­ne Wir­kung folgt, die wir re­gel­mä­ßig be­ob­ach­ten kön­nen, ist kein Ge­setz und so­mit lässt sich dar­aus kein Recht ab­lei­ten. Es ist ei­ne Wei­se, wie wir na­tur­ge­ge­ben Welt ver­neh­men, ko­or­di­niert nach Raum und Zeit.

Denkzettel 150

Ent­schlos­sen­heit ist nicht laut, schrill, auf­dring­lich, sich in Sze­ne set­zend. Sie ist still. Wie die Stil­le vor dem Ur­knall. Ei­ne un­ge­heu­re(!) Kraft, die al­les zu ver­än­dern ver­mag. Ein Pul­ver­fass, das ist die Stil­le.

(Und wo­mög­lich auch das Ge­stillt sein. Ob wohl Ent­schlos­sen­heit et­was Stil­len­des be­wir­ken kann?)

Denkzettel 144

Ist für Re­né Des­car­tes, mit­hin: die Wis­sen­schaft, Gott ein rech­nen­der, für die Chris­ten ein lie­ben­der, ist es für An­de­re ein „im Be­griff sein“.

Und Phi­lo­so­phie ist dann nichts Ma­the­ma­ti­sches oder Re­li­giö­ses; dann ist es et­was Exis­ten­zi­el­les.

(Und als sol­ches dann et­was, das we­der das Ma­the­ma­ti­sche noch das Re­li­giö­se aus­schließt.)