Denkzettel 440

Mit ei­ner sog. KI kön­nen wir den mensch­li­chen Ver­stand eben nur ge­nau so, wie wir ihn ver­ste­hen, nach­bil­den.
Nicht hin­ge­gen kön­nen wir die Mög­lich­kei­ten mensch­li­cher Ver­nunft oder gar zwi­schen­mensch­li­chen Ge­müts im Ge­rät si­mu­lie­ren.
(Wo ge­meint wird, dies zu kön­nen, ist eben nur Ver­stand im Spiel.)

Denkzettel 395

Ma­ni­pu­la­tio­nen funk­tio­nie­ren mit­tels Emo­tio­nen, mit­hin: Ir­ra­tio­na­li­tä­ten, nicht über Ar­gu­men­te. Je­der Ver­such, ei­ne Ma­ni­pu­la­ti­on ar­gu­men­ta­tiv zu be­kämp­fen, ist des­halb zum Schei­tern ver­ur­teilt.

(Ver­stand ist kein ad­äqua­tes Mit­tel, um Pro­pa­gan­da resp. Po­pu­lis­mus zu ent­kräf­ten. Die Habermas’sche Idee vom „ei­gen­tüm­lich zwang­lo­sen Zwang des bes­se­ren Ar­gu­ments“ ist wohl ein nicht rea­li­sier­ba­res Idyll, wenn sich nicht al­le auf ei­ne ge­mein­sa­me Dis­kurs­kul­tur ei­ni­gen kön­nen — oder wol­len, im vol­len Be­wusst­sein der ei­ge­nen ar­gu­men­ta­ti­ven Schwä­che.)

Denkzettel 381

Es gibt kei­ne na­tür­li­chen Ge­gen­sät­ze. „Ge­gen­satz“ ist ei­ne Ka­te­go­rie des Ver­stan­des.

Gleich­wohl: Mensch­li­cher Ver­stand, wie „Ver­stand“ über­haupt, ist ein Na­tur­phä­no­men.

So ge­se­hen ist auch „An­ders“ nichts wei­ter als ei­ne Ver­stan­des­ka­te­go­rie, da „Ge­gen­satz“ ein Fall von „An­ders“ un­ter an­de­ren.

Mit­hin: Na­tur oh­ne Ver­stand = ein un­dif­fe­ren­zier­tes Gan­zes?

(Und die­ses mit­tels Ver­nunft ver­nehm­bar?)

Denkzettel 364

Das mu­tend emp­fin­den­de Ge­müt, der rech­nend ver­ste­hen­de Ver­stand, die ver­neh­mend wä­gen­de Ver­nunft. Emp­fin­den, rech­nen, wä­gen: Sä­ku­lar-lai­zis­ti­sche Drei­fal­tig­keit. Das Kind, der Va­ter, die Mut­ter. In ei­ner funk­tio­na­len Fa­mi­lie ist das Kind die Si­che­rung der Dy­nas­tie, des Fort­be­stands. Denn es wird ein­mal Mut­ter oder Va­ter.

Viel­leicht.

Denkzettel 267

Ra­tio­na­li­tät als Grund­la­ge jeg­li­cher Mit­teil­bar­keit den­ken: Ra­tio, das Ver­hält­nis Zwei­er.

Dies Ver­hält­nis so­dann un­ab­hän­gig von der Be­zie­hung den­ken, die äs­the­ti­scher Na­tur sein soll­te.

Re­la­tio­na­li­tät, ‚Äs­the­ti­tät‘ der Be­zie­hung, Ra­tio­na­li­tät des Ver­hält­nis­ses: Er­kennt­nis­se sind ra­tio­nal, Ur­tei­le sind äs­the­ti­scher Na­tur (sinn­li­ches Un­ter­schei­dungs­ver­mö­gen).

(Der Ver­stand be­rech­net Ver­hält­nis­se, Ra­tio­na­li­tä­ten, die Ver­nunft be­ur­teilt die Er­geb­nis­se re­la­tiv: re­la­tio­nal. Der Ver­stand for­ma­li­siert oh­ne In­halt, die Ver­nunft bringt den In­halt ins Spiel.)

Denkzettel 250

Mo­ral ver­hält sich zu Ethik wie Schön­heit zur Äs­the­tik: Ers­te­res ist em­pi­risch, letz­te­res epis­te­misch. Letz­lich ist Let­ze­res der Ver­such, Ers­te­res in ei­ne Be­re­chen­bar­keit zu brin­gen, wenn nicht gar zu zwin­gen; al­so der Ver­such, mit dem Ver­stand zu ver­ste­hen, zu ver­mes­sen, was mit der Ver­nunft ver­nom­men wird.

Doch die Ver­nunft lässt sich letzt­lich wohl nicht ver­mes­sen wie der Ver­stand; der Ver­such ist ver­mes­sen.
(Es wird wohl im­mer ein quan­ti­ta­tiv un­be­stimm­ba­rer Rest des Mo­ra­li­schen und Schö­nen blei­ben, der sich dem Ver­stand ent­zieht und des­halb nicht un­ver­nünf­tig ist.)

Denkzettel 167

Den Er­kennt­nis­grund er­schlie­ßen, das Ter­rain er­hel­len; se­hen, nicht schau­en, was zur Er­kennt­nis führt/geführt hat. Das könn­te als „rech­nen“ ver­stan­den wer­den, ei­ne Tä­tig­keit des Ver­stan­des.
(Das Den­ken, Tä­tig­keit der Ver­nunft, schaut, wie es zur Ein­sicht kommt?)
(So könn­ten πρᾶξις (prãxis) und θεωρία (theo­ría) auch ver­stan­den wer­den?)